Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott?
Hans-Peter Mumssen
Eine bekannte Jazz- und Gospelsängerin erklärte mir einmal ihren Lebensgrundsatz mit folgendem Satz: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“ Damals fragte ich mich: Stimmt diese „Lebensweisheit“ eigentlich? Dabei schaute ich nicht nur in die Bibel, sondern betrachtete auch die Art und Weise, wie wir Gläubigen praktisch unser Leben gestalten. Tatsächlich greifen wir normalerweise erst einmal zur Selbsthilfe – suchen einen Arzt auf, wenn wir krank sind, entwickeln Strategien, wenn es uns an Geld fehlt, gehen bei der Partnerwahl nach unserem Gefühl, „fahren die Krallen aus“, wenn man uns angreift. Einige empfinden es sogar als Unverschämtheit, Gott um Hilfe zu bitten, wenn man es selbst bewerkstelligen kann. In vielen Bereichen unseres Lebens hoffen wir also darauf, dass der Segen Gottes unseren Handlungen folgt.
Ein guter Bekannter von mir wollte einmal ein paar Schriftstücke kopieren. Als der Kopierer nicht reagierte, legte er diesem die Hände auf und betete – und tatsächlich lief das Gerät dann wieder. Würden wir das auch so machen? Oder gehen wir erst dann zu Gott, wenn alle menschlichen Versuche nicht mehr helfen? Nun, beides kommt in der Bibel vor. Auf der einen Seite heißt es: „Der Herr selbst wird für euch kämpfen, wartet ihr nur ruhig ab!“ (2.Mos. 14,14) Von König Asa hingegen wird Folgendes kritisch berichtet: „In seinem 39. Regierungsjahr bekam Asa ein schweres Fußleiden. Aber auch diesmal suchte er seine Hilfe nicht beim Herrn, sondern bei Ärzten.“ (2.Chr. 16,12) Auf der anderen Seite ist da Sauls Sohn Jonathan, der mit seinem Waffenträger im Vertrauen auf Gott einen Angriff gegen die Philister startet (nachzulesen in: 1. Sam. 14,1-15). Dieses Wagnis führte zu einem großen Sieg und war nicht vermessen.
Sich „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ zur Lebensregel zu machen, halte ich für falsch. Ebenso aber auch: „Tue nichts und lass Gott alles machen.“ Was ich dagegen für richtig halte, ist: „Bevor du etwas tust, rede mit Gott!“ Mein Freund Thomas Pumphrey sagte einmal: „Mach Jesus zu deiner ersten Hoffnung!“ Doch genau an diesem Punkt stoßen viele auf ein anderes Problem: Wie redet man mit Gott? Wie nimmt man seine Antwort überhaupt wahr und unterscheidet sie von eigenen Wünschen und Befürchtungen? Einige haben schlechte Erfahrungen mit Leuten, die sagen: „Gott hat mir gesagt …“ Diese Irritation führt zu verschiedenen Lebenskonzepten. Die einen sagen: „Wenn Gott mich nicht hindert, dann mach ich einfach mal.“ Dagegen sagte einmal ein Hauskreisteilnehmer zu meiner Frau, die gerade das Teegeschirr abwusch: „Ich wasche nur dann ab, wenn Gott mir das zeigt.“ Meine Frau antwortete: „Und ich, wenn das Geschirr schmutzig ist!“
Reden mit Gott als Dialog ist also sehr wichtig, um nicht starren Konzepten zu folgen. Doch wie kommen wir dahin, seine Antwort zu verstehen? Ich denke, wir lernen das wie ein Kind. Durch Irrtümer hindurch wird einem Kind immer klarer, was die Eltern meinen. Das Einzige, was es mitbringen muss, ist die Bereitschaft, kommunizieren zu wollen. Das ist, wie ich meine, der Schlüssel zu einem lebendigen Leben mit unserem Vater im Himmel. Irrtümer sind dabei mit eingeschlossen. Es geht nicht darum, in allem perfekt zu sein, sondern in allem zuerst Gott zu suchen.
„Mach Jesus zu deiner ersten Hoffnung!“
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