„Wie Gott in meinem Leben gewirkt hat“
Das Alte ist vergangen – etwas ganz Neues ist geworden
von Tanja Langels
Ich bin mir heute sicher, dass Gott aus Liebe zu mir immer wieder übernatürlich in mein Leben eingegriffen und mich beschützt hat, ohne dass ich es in den Momenten bemerkt habe. Der 30. Dezember 2003 und der 24. August 2006 sind mir auch heute noch so präsent, als wäre es gestern gewesen.
Alkoholkranke Eltern
Ich bin als Einzelkind in einer alkoholkranken Familie aufgewachsen. Meine Mutter hatte 13 Fehlgeburten. Einige davon hatte ich vor meiner Einschulung noch mitbekommen. Wer sich mit Alkoholismus auskennt, kennt auch die Auswirkungen auf die Angehörigen. Bei mir waren beide Elternteile betroffen. Während mein Vater eher friedliebend war, neigte meine Mutter zur Gewalt. Und so entwickelte sich in meinem Innern während der Pubertät etwas sehr Negatives, besonders ihr gegenüber: Groll und Hass.
Kontakt abgebrochen
Ich war schon verheiratet und hatte zwei Kinder, als ich den Kontakt zu meinen Eltern abbrach. Ich konnte nicht mehr. Unzählige Versuche, sie auf den „richtigen“ Weg zu bringen, und immer wieder zu scheitern, ließen mich resignieren. Außerdem wollte ich nicht, dass meine Familie in den Strudel mit reingezogen wurde. Allerdings war auch in meiner neuen kleinen Familie nicht alles so heil, wie ich es mir gewünscht hätte. Mein Mann hatte ähnliche Kindheitserfahrungen wie ich machen müssen und jeder von uns ging anders damit um. Ich sah mich erneut mit Problemen konfrontiert, wo ich doch dachte, ich hätte alles hinter mir gelassen. Nach Gott hatte ich zu der Zeit schon lange nicht mehr gefragt. Und doch brachte er mich mit Menschen in Kontakt, die das gleiche Problem hatten und die mit dem 12-Schritte-Programm für Angehörige von Suchtkranken arbeiteten. Die ersten vier Schritte brachten es auf den Punkt:
- Ich kann es nicht (die Krankheit kontrollieren oder jemanden ändern).
- Er (eine höhere Macht oder Gott, wie ich ihn verstehe) kann es.
- Lass ihn machen (also loslassen).
Der vierte Schritt war meine eigene Inventur. Neben den guten Eigenschaften gab es auch meinen Stolz, meine Selbstgerechtigkeit, meine Bitterkeit, meinen Groll und vieles mehr. Ich gründete zusammen mit einer Freundin eine Gruppe für Erwachsene, die in einer alkoholkranken Familie aufgewachsen waren. Nach einer anfänglichen Dürreperiode wuchs die Gruppe. Mit der Zeit veränderten sich meine Einstellungen und Gedanken und ich fühlte vermehrt Frieden in meinem Herzen. Dass ich keine überschäumende Wut mehr empfinden konnte, verwunderte mich und ich war dankbar für diese Veränderung, die auch meine Mitmenschen bemerkten.
„Lieber Gott, bitte hilf“
Am 1. November 2003 rief mein Vater an, um mir zu meinem Geburtstag zu gratulieren. Mein Mann nahm das Gespräch an und meinte nur, dass ich mich gerade umziehen würde, denn wir erwarteten Gäste. Mein Vater rief sonst nie an. Es war immer meine Mutter im betrunkenen Zustand. Am nächsten Tag fing ich an, für meine Eltern zu beten. Das tat ich dann Tag für Tag und stand noch früher auf als sonst, um die Ruhe für das Gebet zu haben. Ich bat Gott, dass er meine Eltern aus der Sucht befreien möge, damit sie ein menschenwürdiges Leben (wie auch immer das aussehen sollte) führen können. Ich bat ihn, dass er meine Mutter für mich lieben möge, da ich es nicht konnte. Obwohl ich ihr vergeben hatte, konnte ich keine Liebe für sie empfinden. Ich betete für meinen Vater um Heilung. Zum Schluss betete ich stets: „Nicht mein Wille geschehe, sondern dein Wille.“
Nicht mein, sondern sein Wille geschieht
Am 30. Dezember 2003 erschien mir kurz vor dem Erwachen mein Vater im Halbschlaf im Traum. Ich erkannte sein Gesicht. Wir waren in einem sehr hellen Raum und es sah aus, als ob strahlend weiße Laken um uns herum aufgehängt waren, die sich im Wind bewegten. Es war kurz nach acht Uhr, als ich endlich aufstand, um für das Frühstück zu sorgen.
Länger als sonst saß ich mit meinem Mann am Esszimmertisch und wir unterhielten uns. Kurz vor elf Uhr klingelte dann das Telefon. Es war die Kriminalpolizei, die mir mitteilte, dass meine Eltern beide an diesem Morgen in ihrem Bett verstorben seien. Wie sich später herausstellte, zuerst mein Vater noch vor acht Uhr und dann meine Mutter um neun Uhr. Die Pflegerin, die jeden Tag zu meinen Eltern kam, war bereits da, als meine Mutter verstarb. Ich war merkwürdigerweise nicht überrascht. Alles, was danach kam, lief absolut friedlich ab. Das meiste war schon vorab geregelt, sodass ich mich kaum um etwas kümmern musste. Meine Eltern hatten ein Testament verfasst und die Pflegerin als Erbin eingesetzt. Ich dagegen sollte lediglich den Pflichtteil bekommen, auf den ich letztlich verzichtet habe. Ich wollte nichts erben. Die drei Teile, die ich aus der Wohnung mitgenommen habe, bezahlte ich: Die goldene Wanduhr im Wohnzimmer, den alten Fernseher und den Meisterbrief meines Vaters.
Gott lenkt die Schritte
Meine Eltern hatten nur meine Älteste als Baby kennengelernt, aber nicht ihre Schwester und ihren Bruder. Meine Älteste war es dann auch, die immer Oma und Opa besuchen wollte. Ich versuchte, ihr zu erklären, dass das keine gute Idee war und erklärte ihr das Warum, so gut es ging. Ich wollte sie schützen. Sie muss elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein, als sie sagte: „Wenn ich sechzehn bin, besuche ich Oma und Opa.“ Ich bat Gott, das zu verhindern. Wie sollte sie den Anblick ertragen? Ich wusste von Nachbarn meiner Eltern, die mich zwischendurch immer mal anriefen, wie es dort zuging.
Als meine Älteste sechzehn Jahre alt war, also knapp drei Jahre nach dem Tod ihrer Großeltern, wurde sie von der Freundin meines Neffen nach Elmshorn eingeladen. Diese hatte dort eine Wohnung gefunden, die sie sich mit einer anderen jungen Frau teilte. Meine Tochter fragte mich, ob ich sie dorthin fahren könne, denn ich würde mich ja in Elmshorn auskennen. Ich sagte zu und fragte nach der Adresse. Nach einigem Hin und Her konnte sie mir endlich die Straße nennen. Ich stutzte. Die Hausnummer? Ja, die stimmte auch. Am 24. August 2006 fuhren wir zusammen los. Es war ein Mehrfamilienhaus mit drei Eingängen und jeweils neun Wohnungen. Im mittleren Block gingen wir die Treppe hoch. Wie angewurzelt blieben wir vor der Eingangstür stehen. In dieser Wohnung war ich aufgewachsen und hier hatten meine Eltern bis zu ihrem Tod gelebt. Die Freundin meines Neffen hatte für sich das ehemalige Schlafzimmer meiner Eltern als Zimmer gewählt. Ihr Doppelbett stand an der gleichen Stelle wie das Bett meiner Eltern, genauso wie der Kleiderschrank und die Kommode. Mangels Bestuhlung saß sie im Bett auf der Seite, auf der meine Mutter gelegen hatte, und mein Neffe auf der Seite meines Vaters. Obwohl die Wohnung teilweise saniert worden war, gab es viele Erinnerungen und ich stand fassungslos da. Es dauerte, bis ich meine Sprache wiederfand. Das Zimmer der Mitbewohnerin wurde uns auch gezeigt. Die Holzdecke, die mein Vater mit mir zusammen als Zwölfjährige eingezogen hatte, gab es noch.
Meine Tochter durfte noch einige Male dort zu Besuch sein und in meinem ehemaligen Zimmer übernachten. Sie war glücklich und meinte, das Gefühl zu haben, dass sie Oma und Opa besucht hatte.
Gott ist da
Da wusste ich zu 100 Prozent, dass es Gott gibt und dass er das alles so gefügt hatte. Er hatte sogar jeden Wunsch berücksichtigt. Immer wieder erzählte ich anderen Menschen davon. Auf der einen Seite glaubte ich fest an Gott und auf der anderen Seite war ich der Esoterik zugewandt, interessierte mich für den Buddhismus, probierte Yoga aus und dergleichen mehr. Die Kirchen besuchte ich schon länger nicht mehr, da das, was dort gepredigt wurde, mich nicht berührte. Aber Gott wusste, was mir fehlte. Er ist treu und sehr geduldig. Es war im Jahr 2020: Corona, Lockdown, 2 G, 3G….
Gott schickte mir Pastoren ins Wohnzimmer – ausgerechnet über YouTube – und wer mich kennt, weiß, dass ich davon nicht viel gehalten habe. Gesucht hatte ich auch nicht danach. Die Predigten berührten mich und ich erfuhr Dinge, die ich vorher noch nie gehört hatte. Ich blieb dran und entwickelte einen großen Hunger nach dem Wort Gottes, der Bibel. Hausarbeit, einkaufen, essen – das alles wurde für mich zur Nebensache. Ich begann, regelmäßig in der Bibel zu lesen. Noch im Jahr 2020 bekehrte ich mich.
Am 2. April 2023 wurde ich im Christus-Zentrum Arche in Elmshorn getauft. Das war ein ganz besonderer Tag für mich. Mein Taufspruch: Wenn jemand zu Christus gehört, ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; etwas ganz Neues hat begonnen! (2. Korinther 5, 17)
Ich bin Gott zutiefst dankbar, wie er mich geführt hat. Er kennt mich genau. Er wusste, dass ich niemandem vertrauen konnte, ja mit einer tief verwurzelten Kontrollsucht zu kämpfen hatte, und so ging er sehr behutsam mit mir um. Ich bin dankbar für die Menschen, mit denen er mich seitdem in Kontakt gebracht hat. Ich weiß, Gott hat gute Pläne für mich. Er ist mein Wegbereiter und mein Versorger. Ihm allein kann ich vorbehaltlos vertrauen. Gott ist gut zu jeder Zeit. Und zu jeder Zeit ist Gott gut.