„Auf der Reise“ war das Thema des Gottesdienstes am Ostermontag mit Esther Dymel-Sohl als Moderatorin. Pastor Hans-Peter Mumssen hielt die Predigt: „Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu. Deshalb wollten wir uns mit der Frage beschäftigen, wie dieses Auferstehungsfest auch heute für unser Leben und sogar über den Tod hinaus von Bedeutung sein kann.“
Die Leiterin des Johannis-Hospiz‘ Elmshorn, Doreen Welack, und die Leiterin des dortigen Sozialdienstes, Susanne Fischer, erzählten in vorab aufgezeichneten Interviews von ihrer Arbeit. Seit Jahren feiert Pastor Mumssen mit den Hospizgästen in Elmshorn am Ostermontag Gottesdienst. Aus dieser Verbindung heraus kam die Idee, die Hospizarbeit im NDR Radiogottesdienst zu thematisieren.
Gottesdienstteilnehmer sollten ursprünglich Hospizgäste und Besucher sein. Dieser Gedanke musste allerdings aufgrund der Corona-Pandemie verworfen werden. „Es wird zwar eine Live-Übertragung bleiben, allerdings ohne Gottesdienstbesucher. Wer von der Gemeinde oder den Hospizgästen gerne mit dabei sein möchte, kann das Radio einschalten. Immer wichtiger werden in Zeiten von Corona Gottesdienste, die im Radio, Fernsehen oder per Live-Stream übertragen werden“, so Pastor Mumssen.
An mitreißender Musik mit gospeligen Einschlägen fehlte es nicht. Hanjo Gäbler ist Berufsmusiker und gehört zum CZA-Leitungskreis. Gemeinsam mit Angela und Hans-Peter Mumssen, Benjamin Neumerkel sowie Marion Redmann bereitete er sich auf Lieder vor, die auch die Radiozuhörerinnen und -zuhörer zum Mitsingen einluden.
Predigtkonzept
von Pastor Hans-Peter Mumssen
Teil 1 – Tod und Leben
Liebe Hörerin und lieber Hörer,
Frohe Ostern wünsche ich uns und Ihnen!
Heute feiern wir den ersten Tag nach Ostern. Ursprünglich hatten wir die Idee, diesen
Gottesdienst an diesem Ostermontag im Johannis-Hospiz hier in Elmshorn zu feiern. Wie ich es
übrigens gewöhnlich jedes Jahr tue. Doch durch die gerade stattfindende Pandemie mussten wir
umdisponieren. Das Thema jedoch „Auf der Reise“ bleibt. Die Menschen im Hospiz, mit denen
wir, genau wie mit Ihnen, jetzt über das Radio verbunden sind, sind ja am Ende ihre Lebensreise.
Nun, letztlich sind wir ja alle auf der Reise. Doch wohin geht eigentlich unsere Reise? Wo ist ihr
Ziel? Oder liegt das Ziel für die Menschen, die im Hospiz sind, schon hinter ihnen?
Warten sie nur noch auf das Ende? Ich glaube das nicht. Im Hospiz treffen Leben und Tod,
Verzweiflung und Hoffnung unmittelbar aufeinander wie kaum an einem anderen Ort.
An diesem Ort, an dem es nicht mehr darum geht, Leben zu retten, geht es vielleicht vielmehr um
das Leben an sich als an anderen Orten. Denn hier ist jede Sekunde kostbar. Jedes Essen ein
Fest. Jede Musik ein Konzert und jedes liebe Wort wie ein warmes Bad. Auch Vergebung und „in
Frieden gehen können“ spielt hier für manch einen eine wichtige Rolle. Eigentlich wird im Hospiz
mehr und intensiver gelebt als anderswo. Und doch steht ständig der Tod vor Augen. Oder
vielleicht gerade deswegen. Menschen erleben fast täglich, wie eine Kerze angezündet wird und
ihr Zimmernachbar im Sarg das Gebäude verlässt. Wie passt das alles mit Ostern zusammen?
Nun, zu Ostern geht es nicht um das Leben vor dem Tod, sondern um das danach! Doch gibt es
überhaupt ein Danach?
Die Frage nach der Auferstehung
In der heutigen Lesung aus der Bibel ging es darum, dass einige Gemeindemitglieder in der
Gemeinde zu Korinth behauptet hatten, es gäbe überhaupt keine Auferstehung. Deshalb hat sich
der Apostel Paulus einmal genauer mit dieser Frage auseinandergesetzt. Es geht dabei nicht um
eine symbolische Auferstehung – frei nach dem Motto: Wir leben in den Erinnerungen der anderen
weiter. Es geht Paulus schon um die wirkliche leibliche Auferstehung. Dass wir also nach dem
Tod noch für uns wahrnehmbar existieren. Paulus hat dann eine „Was wäre wenn“ Abhandlung
geschrieben. Was wäre, wenn es keine Auferstehung gäbe. Sein Ergebnis war: Dann wäre auch
Christus nicht auferstanden. Dann wäre unser christlicher Glaube eine Riesentäuschung – ja
geradezu eine Art „Fake News“. Dann würden wir Verkündiger die Leute ständig belügen. Einige
sind sowieso schon der Meinung, dass wir den Leuten nur etwas vorgaukeln. Paulus meinte dazu:
Schlimm, wenn das tatsächlich so wäre. Außerdem kommt er zu dem Schluss, dass das Problem
mit unserer Schuld dann nicht gelöst ist. Es gäbe dann keine Vergebung bei Gott. Ich denke,
dass diese Abhandlung des Paulus einigen zunächst sehr theoretisch erscheint. So eine Art
theologisches Gedankenspiel für Insider. Doch wenn der Tod uns nahekommt, dann stellt sich
schon die Frage: Was glauben wir? Worauf hoffen wir eigentlich? Worauf stützen wir unsere
Zuversicht? Oder haben wir überhaupt eine?
Umfrage
Es hat uns sehr interessiert, einmal zu hören: Was bewegt eigentlich Menschen, die im wahrsten
Sinne des Wortes dem Tod ins Auge schauen? Susanne Fischer hat mit einigen Gästen des
Johannis Hospizes über das Leben, den Tod, den Glauben und was kommt danach gesprochen.
Hören wir einmal rein: Einspieler (Interview mit Gästen aus dem Hospiz)
Teil 2 – Reaktion
„Ich bin einfach noch nicht soweit …“ Dieser Satz des älteren Gastes im Hospiz macht mich schon
sehr betroffen. Wer ist überhaupt schon soweit? Meine über 90-jährige Mutter sagte einmal zu
mir: „Niemand stirbt gerne. Das hat mit dem Alter überhaupt nichts zu tun.“ Doch das Leben geht
mitunter Wege mit uns, die müssen wir einfach mitgehen – da werden wir nicht gefragt, ob wir das
wollen oder nicht. Der eigene Tod gehört ganz gewiss dazu. Umso wichtiger ist, wie ich denke:
Woran halten wir uns fest? Wer begleitet uns auf unseren Wegen?
Paulus‘ Gewissheit
Nachdem nun Paulus seine „Was wäre, wenn“ Abhandlung abgeschlossen hat, versucht er
interessanterweise nicht seinen Lesern zu beweisen, dass Jesus Christus wirklich auferstanden
ist. Er verkündet es einfach: Nun ist aber Christus als Erster von den Toten auferstanden – so
lesen wir es. Wie kommt Paulus zu dieser Gewissheit? Diese Gewissheit hat sein ganzes Leben
bestimmt. Ja selbst sein Sterben. Woher kam sie? Können wir vielleicht auch zu solch einer
Gewissheit kommen, auf die wir unser ganzes Leben stellen können? Oder anders formuliert:
Kann Ostern das Fundament unseres Lebens werden?
Geschichtliches Ereignis
In der Bibel wird die Auferstehung Jesu Christi als ein geschichtliches Ereignis beschrieben.
Eine Tatsache, die wirklich stattgefunden hat, für die es Zeugen gibt und die dokumentiert wurde.
Interessanterweise war Paulus kein direkter Zeuge dieser Auferstehung. Im Gegenteil – er hielt
das für eine lange Zeit in seinem Leben sogar für eine große Lüge und verfolgte sogar diejenigen,
die daran glaubten. Auch wir waren nicht dabei, bei der Auferstehung. Und die Meinungen
darüber, was wirklich stattgefunden hat, sind sogar unter Theologen sehr unterschiedlich.
Die einen glauben wirklich an die reale Auferstehung Jesu Christi. Dass er seinen Jüngern in dem
Körper, mit dem man ihn gekreuzigt hatte, begegnet ist. Andere glauben an eine Art Erscheinung.
Jesus war also nicht körperlich auferstanden, sondern geistlich – spirituell. Wieder andere
glauben, dass die Auferstehung Jesu Christi nachträglich von seinen Jüngern erfunden wurde,
um seiner Anhängerschar Hoffnung zu vermitteln. Nun, Paulus glaubte an eine leibliche
Auferstehung Jesu Christi und darüber hinaus, dass auch wir einmal auferstehen werden.
Wie kam er dazu?
Begegnung mit Jesus
Der Auslöser war eine überraschende Begegnung von Paulus mit dem Auferstandenen. Jesus
Christus erschien Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Das hat das Leben des Paulus völlig
verändert – ja geradezu auf den Kopf gestellt. Nach dieser Begegnung waren Christen für Paulus
keine Lügner mehr. Auch brauchte er keinen Beweis mehr dafür, dass Jesus wirklich von den
Toten auferstanden war. Seit dieser Begegnung glaubte Paulus mit einer tiefen inneren
Gewissheit. Und genau darum geht es! Wenn Jesus Christus wirklich auferstanden ist, dann kann
er uns doch auch begegnen. Es gibt bei Gott ja keine Wertigkeit, dass er zum Beispiel nur
Theologen oder Weltveränderern begegnet. Jeder Mensch hat bei Gott den gleichen Wert.
Die Art der Begegnung mag vielleicht verschieden sein – doch nicht das Ergebnis: Sie hilft uns,
zu glauben!
Erklärendes Bild
Ich möchte das einmal in einem Bild veranschaulichen. Als Kinder haben wir oft an einem kleinen
Fluss gespielt, über den eine Brücke ging. Wir haben von der Brücke aus, Blätter oder kleine
Zweige in den Fluss geworfen. Danach rannten wir auf die andere Seite der Brücke und warteten
darauf, dass unser Blatt oder Zweig dort wiedererscheint. Nehmen wir einmal diesen Fluss als
ein Sinnbild für unser Leben. Irgendwann werden wir in diesen Fluss des Lebens hineingeworfen.
Plötzlich sind wir da. Nun nimmt uns dieser Fluss mit.
Ein Stück unseres Weges können wir beeinflussen, doch vieles geschieht einfach so. Der Fluss
hat seichte Stellen, aber auch Wirbel. Manchmal bleiben wir irgendwo hängen – und dann geht
die Reise wieder weiter. Irgendwann sind wir dann am Ziel und werden aus diesem Fluss wieder
herausgenommen.
Vom Was zum Wer
Nun kommen wir zu unserer ursprünglichen Frage zurück: Was kommt danach? Oder gibt es
überhaupt ein Danach? Bisher haben wir diese Frage sachlich gestellt: Was kommt danach?
Doch ich glaube, das bringt uns nicht weiter – wir sollten sie lieber einmal persönlich stellen:
Wer kommt danach? Wer hat uns in diesen Fluss des Lebens hineingeworfen?
Und wer nimmt uns auch wieder heraus? So wird aus dem Was ein Wer! Stellen wir uns zusätzlich
noch vor, dass die Hand, die uns ins Leben hineingestellt hat, auf unserer gesamten Lebensreise
ausgestreckt über uns ist. Dann ist der, der unsere Zukunft bestimmt, derselbe, der uns schon
jetzt nahe ist. Die Frage ist: Ergreifen wir diese Hand bzw. lassen wir uns von ihr ergreifen? Das
ist eine Sache des Vertrauens. Wenn wir das tun, legen wir unser Leben in seine Hände. Und
selbst, wenn wir nicht wissen, was genau nach unserem Leben kommt, so wissen wir dann doch,
wer dort sein wird.
Eine Kernaussage des Glaubens
Und damit kommen wir zu einer Kernaussage des christlichen Glaubens: Diese ausgestreckte
Hand ist die Hand Gottes und hat einen Namen: Jesus Christus! Seine Hand heute zu ergreifen
oder von ihr ergriffen zu werden, gibt uns Zuversicht und Gewissheit für morgen. Jesus sagte
einmal: „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Wenn wir uns mit ihm verbinden – wir Christen nennen
das Glauben, dann bleibt diese Verbindung über unseren Tod hinaus bestehen.
Auf gut Deutsch: Wir werden auferstehen. Aber eigentlich beginnt alles schon im Hier und Jetzt.
Die Verbindung mit dem Auferstandenen – heute – verbindet uns nämlich mit der Auferstehung.
Sich mit Jesus verbinden
Doch wie ergreife ich die Hand Gottes? Wie werde ich von ihr ergriffen? Ich möchte uns einmal
ein geistliches Geheimnis verraten, welches ich im Laufe meines Dienstes entdeckt habe:
Wenn ich nach Gott frage, dann hat Gott längst schon nach mir gefragt.
Wenn ich beginne, zu ihm zu reden, also zu beten, hat er schon in mein Herz gesprochen.
Wenn ich versuche, seine Hand zu ergreifen, hat er schon die Meinige ergriffen. Neulich saß ich
mit einem jungen Mann zusammen. Der hatte Fragen nach dem Glauben.
Wie kann man glauben, wenn man gar nicht weiß, ob das alles so stimmt, was in der Bibel steht
und was die Leute so sagen. Meine Antwort war schlicht: bete. Jesus sagte einmal: „Wer anklopft,
dem wird geöffnet werden.“ Darauf vertraue ich. Gott ist bei uns. Er ist nur ein Gebet weit entfernt.
Gewissheit
Die Verbindung zu dem Auferstandenen gibt uns Gewissheit, dass auch wir einmal auferstehen
werden. Wir können jederzeit zu ihm reden, ja sogar mit ihm reden. „Have a little talk with Jesus“
– „Rede doch mal ein wenig mit Jesus“ oder auf Norddeutsch: „Schnack doch mal mit ihm“, so
lautet ein altes Spiritual. Jetzt in der Zeit von Corona beten viele Menschen. Oft, weil die Not so
groß ist und die Dinge uns aus den Händen zu gleiten drohen. Wir wissen beispielsweise von den
großen Nöten in der medizinischen Versorgung. Menschen sorgen sich um ihren Arbeitsplatz und
ihr wirtschaftliches Auskommen. Doch vielleicht gelingt es, neben diesen Gebeten aus der Not
heraus, auch einmal ganz persönlich zu Jesus Christus zu sprechen. Ihm vielleicht Fragen zu
stellen oder einfach unser Herz vor ihm auszuschütten. Sie werden staunen, was passiert. Amen.